|   | 
        Naturwissenschaftliche  Besonderheiten und Zeugnisse menschlicher Anwesenheit 
           Verschiedenartig  und zahlreich hinsichtlich Natur und Herkunft sind die naturwissenschaftlichen  Besonderheiten, die dieses Gebiet dem Besucher bietet: sie reichen von den  ländlichen Ansiedlungen,  die die  Anwesenheit des Menschen dokumentieren (sichtbar an der Landwirtschaft und an  der eindrucksvollen lokalen Architektur ), über die Zonen der Weidegründe der  Höhenregionen bis hin zu den ursprünglichsten und schwer zugänglichen Regionen  der steilen bewaldeten Hänge. Das Gebiet ist somit in hohem Grade interessant  für die Wissenschaft. 
            Im Inneren des  Parks findet man in den Gebieten, die seit uralter Zeit vom Menschen bewohnt  sind, einige Besonderheiten, die das Landschaftsbild fast einzigartig machen.  Der klassische Touristenpfad beginnt bei S. Antonio, dessen alter Ortskern mit  Sorgfalt konserviert wurde. Schon am Anfang des Pfades kann man einige, noch  vorhandene, Terrassenkulturen sehen. Diese finden sich vornehmlich auf der  linken Seite des S. Antonio-Tales, kurz unterhalb des Zusammentreffens der  Täler von Campovecchio und Brandet. 
          In früheren  Zeiten wurden die Terrassen mit dem Ziel kultiviert, Nahrungsmittel zu  erzeugen. Es wurden Pflanzen angebaut, die an das lokale Klima angepasst waren:  an erster Stelle Kartoffeln, Roggen und Gerste, aber immer auch Gemüsepflanzen,  wie Hülsenfrüchte, sowie Pflanzen, die Tierfutter lieferten, wie die Rübe. 
           Das Gebiet ist  noch gut erhalten, mit kleinen Holzstegen und Berghütten von großem,  architektonischem Interesse.  Diese erinnern an die Häuser der „Walser“,  einem  germanischen Volksstamm, der sich  ab dem 10./11. Jahrhundert im oberen Wallis niederließ: die Wände der Heuhütten  sind mit Fichtenbalken im sogenannten „Blockbau“ konstruiert. 
            Der Schutz dieses  architektonischen Erbes, der großes Geschick in der Holz- und Steinverarbeitung  erfordert, ist eine der Prioritäten des Naturreservates. Einige kürzlich  vorgenommenen Neugestaltungen haben die klassische Struktur erhalten. Die  Häuser sind  gut in die Landschaft  integriert, haben heute aber eine andere Funktion als damals. 
            Wenn man sich auf  dem Weg hinauf nach Campovecchio den Zwillingstälern vom Campovecchio und Brandet  nähert, findet man zahlreiche Stege,  die  außergewöhnliche architektonische und strukturelle Besonderheiten aufweisen und  charakteristisch für diese Zone sind. 
            Es gibt auch noch  andere interessante, vom Menschen geschaffene, erhaltenswerte Konstruktionen,  die eine bedeutende Auswirkung auf den Lebensraum haben:  es handelt sich um Trockenmauern und die  sogenannten „bàrech“, Überreste von antiken Trockenmauern in mehr oder weniger  runder Anordnung, die als Grenzen für die weidenden Herden in den höheren  Gebirgsregionen dienten. 
          Die Zonen  größerer Ursprünglichkeit, die noch kaum vom menschlichen Einfluss berührt  worden sind, zeigen eine enorme Vielfalt des schon erwähnten Reichtums an Flora  und Fauna. Zusammen mit den hydrobiologischen Besonderheiten der Wasserläufe  verleihen sie der Landschaft einen   bemerkenswerten naturwissenschaftlichen Wert. 
          Geschichtliche  Hinweise 
          Das gesamte  Gebiet des Corteno-Tals war schon seit uralter Zeit – aus landschaftlichen,  geografischen und historischen Gründen - mehr mit dem Veltlin als mit dem Valle  Camonica, dem es heute verwaltungsmäßig angehört, verbunden. Die fast  gleichzeitige Entwicklung der   prähistorischen Felsgravuren in den Tälern des Oglio und der Adda  beweist, dass die beiden Gebiete schon seit uralten Zeiten bewohnt waren. Diese  Gleichzeitigkeit und die geografische Nähe lassen vermuten, dass die Camunen  (Camunni) und die Veltliner (Vennoneti) dem gleichen ethnischen Stamm  angehörten, dessen Ursprung – vielleicht ligurisch oder keltisch – noch nicht  ganz geklärt ist. 
          In römischer Zeit  verlief die Via Valeriana über Corteno, die, ausgehend von Sonico, die  camunische Talsohle mit dem Aprica-Pass verband und von hier ins Veltlin  hinunterführte. Die historische Bedeutung des Ortes ist zu einem guten Teil  durch seine strategische Lage erklärbar (mit Pferden leicht zu erreichen) weil  sie als die wichtigste Verkehrsader die beiden Täler miteinander verband. 
           Aufgrund seiner  Grenzlage und weil die örtlichen Gegebenheiten den Heeren, die von  Zentraleuropa aus die Po-Ebene erreichen wollten, hier ein leichteres  Vorwärtskommen erlaubten,  wurde das  Corteno-Tal in den vergangenen Jahrhunderten von zahllosen Völkern besetzt:  Alemannen, Langobarden, Karolinger, Ungarn (die als Zeugnis ihres Besuches  Spuren in der örtlichen Namensgebung des Gebietes und auch im berühmten lokalen  Gericht auf der Basis von Lammfleisch, „cuz“ genannt, hinterlassen haben.  Dieses Gericht stammt eindeutig von einem der verbreitetsten typischen Gerichte  der nomadisierenden ungarischen Tierzüchter ab: dem „huz“. ) Außerdem  hinterließen die Kurie von Brescia, Welfen und Ghibellinen, die Republik  Venedig, die Herrschaft von Mailand, Landsknechte, Jakobiner, Kosaken,  Österreich-Ungarn und die Piemonteser ihre Spuren.  Die Nachteile einer Grenzregion – wie der  Truppendurchzug, die Invasionen, die Plünderungen und das Räuberwesen – wurden  oft durch wirtschaftliche Vorteile kompensiert: von 1500 bis 1796  Grenzstation zwischen unabhängigen Staaten,  war Corteno, inzwischen ein großes Durchgangszentrum zwischen dem Valle  Camonica und der Schweiz geworden, das Zentrum von wichtigen Messen und  Märkten. 
          Anfang des 19.  Jahrhunderts wurde Corteno berühmt,  weil  dort Camillo Golgi (1843) geboren wurde. Er erhielt im Jahre 1906 den  Nobelpreis für Medizin. Das „Museo Golgi“, angeregt durch die Initiative der  Kommunalverwaltung und eröffnet am 10. Juni 2006, ist nur wenige Meter vom  Geburtshaus entfernt. Es bewahrt wertvolle Zeugnisse aus dem Leben, der Arbeit  und den wissenschaftlichen Entdeckungen des Nobelpreisträgers. 
          Das Dorf, wie  alle Ortschaften des höheren Camonica-Tales,   war während des 1. Weltkrieges in der Nähe der Frontlinie und die  Ereignisse am Adamello während des „Weißen Krieges“ forderten einen hohen  Blutzoll unter den jungen Leuten der örtlichen Bevölkerung. Am Ende des 2.  Weltkrieges und in der quälenden  Zeit  des Widerstands, erhielt Corteno den Titel des „kämpferischsten“ Dorfes der  Provinz von Brescia.  
           | 
          |